Ist Thomas Tuchel schon verbrannt? Warum Erik ten Hag der bessere Bayern-Trainer sein könnte

04.06.2023, 17:11 Uhr
von Philipp Göthel

Thomas Tuchel löste beim FC Bayern im März 2023 Julian Nagelsmann als Trainer ab
Thomas Tuchel löste beim FC Bayern im März 2023 Julian Nagelsmann als Trainer ab © /

"Peinlich-Meister", "Immer dieser Bayern-Dusel" oder "Doofes Dortmund" sind nur wenige Schlagzeilen der Tageszeitungen, die das Saison-Finale treffend beschrieben. Es wird noch lange dauern, bis man in München die Achterbahn-Saison mit allen Höhen und Tiefen verarbeitet hat.

Und schon fragen sich viele Fans an den Stammtischen in den bayrischen Biergärten und den Fanclubs in ganz Deutschland: Ist Thomas Tuchel wirklich der richtige Trainer, der den Rekord-Meister wieder in die Spur bringen kann? Hat er selbst Anteil am Saison-Abschneiden? Kann er die Mannschaft noch erreichen? Wer sollte kommen, wenn es in der kommenden Saison wieder so chaotisch läuft? Ständig werden neue Namen gehandelt. Doch viele Trainer gibt es nicht, die den FC Bayern alias FC Hollywood führen können...

Immer mehr Fans schwärmen unterdessen von Erik ten Hag. Dem straighten Holländer, der in der starken Premier League die Star-Truppe von Manchester United auf den dritten Platz hinter Mancity und Arsenal führte. Der Niederländer, der immer grimmig dreinschaut und mit seinem Aussehen ein wenig an Bruce Willis erinnert, kommt bei den United-Fans mit seiner kompromisslosen Art richtig gut an. So manchen Experten erinnert ten Hag an die ruppige Trainerlegende Alex Ferguson, der in den 90ern alles gewann was möglich war.



Erik ten Hag führte Manchester United mit harter Hand zurück in die Erfolgsspur
Erik ten Hag führte Manchester United mit harter Hand zurück in die Erfolgsspur © kivnl / Shutterstock.com

Ten Hag arbeitete bereits für den FC Bayern

Was zudem für 53-Jährigen spricht: Als ehemaliger Trainer der zweiten Mannschaft des FC Bayern München kennt er den Verein bestens. Zwischen 2013 und 2015 beeindruckte er die Vereinsbosse mit seiner Führungsstärke, bevor er als Cheftrainer zum FC Utrecht und später zu Ajax Amsterdam ging. Wie viele Holländer spricht er sehr gut deutsch. Vom Cheftrainer Pep Guardiola lernte er während seiner Bayern-Zeit viel, wie er selbst betonte. Oft tauschte er sich mit dem Spanier aus.

Nicht zu vergessen: Der letzte Holländer-Trainer Louis van Gaal blieb dem größten Teil der Bayern-Fans positiv in Erinnerung. Er holte Titel und hatte die Stars um Ribery und Robben fest im Griff. Seine Selbstdarstellung wurde dem Vorstand letztendlich zu viel. Er musste gehen. In ten Hag könnte erneut ein Niederländer die Bayern übernehmen. Aus dem Umfeld hieß es, dass sich ten Hag in den zwei Jahren in München sehr wohl gefühlt habe. Die professionellen Trainingsbedingungen, die er selbst im Regionalliga-Team vorfand, sollen ihm sehr zugesagt haben.

Bei Manchester United beerbte er nach der sehr erfolgreichen Amsterdam-Station 2022 den erfolglosen Übergangstrainer Ralf Rangnick und schweißte die Truppe um Stars wie Casemiro, Jadon Sancho, David de Gea, Antony und Marcus Rashford zu einer Einheit. Den glücklosen Marcel Sabitzer holte er leihweise vom FC Bayern und verhalf ihm zu unbekannter Stärke. Mit wichtigen Toren und tollen Vorlagen zahlte der Ösi zurück.

Ten Hag gewann Machtkampf mit CR7

Auch den Machtkampf mit Weltstar Christiano Ronaldo gewann der resolute Coach überraschend - ohne selbst Federn zu lassen. Der selbstverliebte Portugiese, der fünfmal zum Weltfußballer gewählt wurde, verließ 2022 ManUnited vorrangig wegen Trainer ten Hag. "Er respektiert mich nicht, so wie ich es verdiene", motzte Ronaldo in einem Interview. Erik ten Hag schoß zurück: "Wenn ein Spieler definitiv nicht mehr in dem Verein sein will, muss er gehen. Wir waren nie einer Meinung."

Taktisch und trainingstechnisch werden dem akribischen Holländer, der selbst nie ein Weltklasse-Fußballer war, und nie zur Nationalmannschaft gehörte, nur tadellose Dinge nachgesagt. Die niederlänische Fußballschule zählt immer noch zu den besten Europas. Bisweilen wurde ihm zu viel Verbissenheit und übertriebene Disziplin vorgeworfen. So kritisierte der ehemalige Spieler Riccardo Basta bei der zweiten Bayern-Mannschaft später über ten Hag: "Er war fast wie ein Diktator. Er hatte seinen Plan und den mussten die Spieler umsetzen. Wir sind oft aneinander geraten."

Bei ManUnited sieht es nicht anders aus. Dort werden die Spieler regelmäßig gewogen, müssen sich an einen strikten Ernährungsplan halten, und dürfen keinen Alkohol während der Saison trinken. Wer Interna aus der Kabine nach außen trägt, muss mit heftigen Konsequenzen rechnen. Das Training ist hart.

Selbst für den unerwarteten Meistertitel des FC Bayern hatte ten Hag eine passende Erklärung. Der Times sagte er: "Weil sie an den Sieg glauben und bis zum Schluss kämpfen. Sie sind belastbar und können mit Rückschlägen umgehen."

Gemunkelt wurde es lange an der Säbener Strasse. Nicht alle Bayern-Spieler waren mit dem schlagartigen Trainerwechsel von Nagelsmann zu Tuchel einverstanden. Ob dieser in der kommenden Saison die Mannschaft hinter sich bringen kann und ob die Ergebnisse stimmen werden, wird die Zukunft zeigen. Erik ten Hag wäre zumindest eine echte Alternative, die beim FCB umgehend Akzeptanz und Durchsetzungsvermögen mitbringen würde.